Gleichbehandlung der Minderheiten

Landtagsrede vom 19.03.2010 zu TOP 7, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein (Drucksache 17/268)

Gleichbehandlung der Minderheiten muss auch für Sinti und Roma gelten

Der Ihnen vorliegende Antrag ist keine neue Idee. Die SPD-Fraktion hat sich in den letzten Legislaturperioden immer wieder für die Aufnahme der Sinti und Roma in Art. 5 der Landesverfassung eingesetzt. Bisher ist dieser Wunsch immer an einer erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Landtag gescheitert. Zuletzt haben Bündnis 90/Die Grünen, die FDP und die Abgeordneten des SSW diese ursprünglich von der SPD formulierte Forderung gestellt. Der Antrag ist in der letzten Legislaturperiode daran gescheitert, dass dies von der CDU im Koalitionsvertrag mit der SPD ausgeschlossen worden ist.

Die SPD-Fraktion bleibt aber bei ihrer Haltung, dass die Förderung der Sinti und Roma mit deutscher Staatsangehörigkeit als Staatsziel schon längst Bestandteil der Verfassung hätte sein müssen. In Deutschland gibt es vier anerkannte Minderheiten: dazu zählen die Dänen, die Friesen, die Sinti und Roma und die Sorben.

Wegen dieser öffentlichen Anerkennung auf Bundes- und auch auf europäischer Ebene durch den Europarat kann den Sinti und Roma der Schutz der Landesverfassung nicht verwehrt werden. Im Art. 5 unserer Landesverfassung ist formuliert, dass die nationale dänische Minderheit und die friesische Volksgruppe Anspruch auf Schutz und Förderung haben. Im Rahmen der Gleichbehandlung der Minderheiten sollten wir unserer kleinsten Minderheit genau diesen Schutz ebenfalls gewähren.

Eine Aufnahme in die Verfassung wäre in Erfüllung des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten aus dem Jahr 1995 schon rechtlich geboten. Auch darauf haben wir in diesem hohen Hause mehrmals hingewiesen.

Die Sinti und Roma leben seit mehreren Jahrhunderten in Schleswig-Holstein. Es gibt auch deshalb keinen Grund dafür, dass die Dänen und die Friesen in der Verfassung genannt werden und die Sinti und Roma nicht. Gerade die kleinste Minderheit in Schleswig-Holstein vom Schutz und der Förderung auszunehmen, entbehrt jeder Logik und auch der Humanität.

Denn die Sinti und Roma gehören einer Minderheit an, die bis heute unter besonderer Diskriminierung leidet und schon deshalb eines besonderen Schutzes bedarf. Sie unter den Schutz der Landesverfassung zu stellen, wäre ein guter und humaner Beitrag gegen Ausgrenzung und für Integration in unserem Lande. Die Forderung nach einer Aufnahme in die Verfassung ist nicht nur vom Verband der deutschen Sinti und Roma, sondern auch von Sydslesvigk Forening und vom Friesenrat immer wieder unterstützt worden.

Selbstverständlich ist es richtig, dass die Sinti und Roma nicht nur in Schleswig Holstein leben, sie leben in allen Bundesländern. Gerade aus diesem Grund sollte sich die Landesregierung und auch vor dem Hintergrund der besonderen Tradition der Minderheitenpolitik in Schleswig-Holstein dafür einsetzen, dass die Sinti und Roma nicht nur in die Schleswig Holsteinische Landesverfassung aufgenommen werden, sondern in allen anderen Bundesländern auch diesen Schutz erhalten. Rheinland-Pfalz ist bisher das einzige Bundesland, das mit einer Rahmenvereinbarung seiner Verantwortung gegenüber den dort lebenden Sinti und Roma gerecht geworden ist.

Ich freue mich darüber, dass die Landesregierung in der Beantwortung der Großen Anfrage zu „Stand und Perspektiven der kulturellen Entwicklung Schleswig-Holsteins“ sich klar positioniert hat und in der letzten Legislaturperiode auch den Sinti und Roma den Verfassungsrang zugestanden hat. Antwort der Landesregierung, in der Drucksache 16/2276, S. 11:

„Schutz und Förderung der im Lande lebenden nationalen Minderheiten und Volksgruppen

–Dänen, Friesen, Sinti und Roma – haben Verfassungsrang.“

Federführend für diese Antwort der Regierung war der Ministerpräsident Peter Harry Carstensen.

Und auch Herr Kubicki hat in seiner Rede vom 22. März 2006 in Frage gestellt, warum die Sinti und Roma entgegen dem gemeinsamen Vorschlag der damaligen Opposition, der Sie, Herr Kubicki, ja angehörten, wieder aus der Verfassung herausfallen sollten.

Da es ja offensichtlich in der Vergangenheit so viel Einigkeit aller Parteien zu diesem Thema gegeben hat, gehe ich davon aus, dass es heute zu einem einstimmigen Beschluss kommen wird.